Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)

„Da der Mensch nur durch das Gehör die Sprache der lehrenden Natur empfängt und ohne das die Sprache nicht erfinden kann, so ist das Gehör der mittlere seiner Sinne, die eigentliche Tür zur Seele und das Verbindungsband der übrigen Sinne geworden“ (HERDER 1770)

Definition

„Verarbeitung im Sinne einer neuronalen Weiterleitung sowie Verarbeitung und Filterung von auditiven Signalen bzw. Informationen auf verschiedenen Ebenen ( Hörnerv, Hirnstamm, Kortex )“ und

„Wahrnehmung ( = Perzeption )… als ein Teil der Kognition im Sinne einer zu höheren Zentren hin zunehmenden bewussten Analyse auditiver Informationen“. ( Nickisch u.a. 2006)

Dass das Hören schon im Mutterleib beginnt ist für uns nichts neues mehr. Daher hat jede Hörbeeinträchtigung oder Störung eine große Auswirkung auf die Entwicklung des neuronalen Netzwerkes. Findet durch eine Störung kein Input statt, entstehen keine neuen Synapsen und die Myelinisierung ist unzureichend.

Da diese Entwicklung später nicht nachgeholt werden kann, ist es wichtig früh auf Symptome zu achten, die auf eine Einschränkung oder Störung hinweisen können. ( Als Anlage 3 Bögen für die Beobachtung der Hörentwicklung ). Über die Internetadresse können Sie weitere Informationen sowie die Bögen beziehen.

Zwei wichtige Fragen in der Diagnostik sind:

  • Wie oft/lange lag eine Mittelohrproblematik vor?

  • Wie ausgeprägt war die zweite Lallphase (6.-8. Mo.)?

Eine AVWS liegt vor, wenn bei normalem Tonaudiogramm zentrale Prozesse des Hörens gestört sind.

ICD- Klassifikation

  • F 80.2 – Rezeptive Sprachstörung

  • F88 – Andere Entwicklungsstörungen

  • H 91,8 – Sonstiger näher bezeichneter Hörverlust

  • H 93.2 – Sonstige abnorme Hörempfindungen

  • H 90.5 – Hörverlust durch Schallempfindungsstörungen

Zu den Auditiven Teilleistungen gehören:

  • Lokalisation
  • Hördynamik
  • Synthese
  • Selektion
  • Musteranalyse
  • Ergänzung
  • Summation
  • Differnzierung

  • Aufmerksamkeit
  • Seperation
  • Identifikation
  • Kurzzeitspeicher
  • Zeitauflösung
  • Analyse
  • Sequenzierung

Prüfverfahren für die Diagnose sind z. B.:

  • HASE
  • MAUS
  • Screening nach Lauer
  • Mottier-Test
  • Subtest aus Testbatterien

Mögliche Folgen einer AVWS können sein:

  • Spracherwerbsstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Verhaltensauffälligkeiten
  • Lese-Rechtschreibprobleme
  • Lernschwierigkeiten / Schulprobleme

Möglichkeiten und Grenzen der Logopädie

Je später das Kind in die Therapie kommt, desto größer ist die Gefahr, dass viele Leistungen auf Grund der fehlenden neuronalen Reifung, nicht mehr ausreichend gefördert werden können. Das Zeitfenster für die Reifung ist sehr klein und betrifft daher gerade die Kindergartenkinder. Bei Vorschulkindern sind die Therapieerfolg schon wesentlich geringer. Dann können die Therapeuten meistens nur noch kompensatorisch arbeiten.

Die Elternarbeit und Anleitungen für zu Hause sind wesentliche Bestandteile der Therapie.